Die Frage nach dem richtigen Umgang mit Lithium-Ionen Akkus und –Geräten treibt derzeit viele Händler um. Denis Beck, Gefahrgut- und Brandschutzexperte und Inhaber des auf Themen wie diese spezialisierten Unternehmens Geasus, ordnet für Motorist zentrale Fragen ein.
Motorist: Herr Beck, wie ordnen Sie die Lithium-Ionen Akkutechnik hinsichtlich ihres Gefahrenpotenzials ein?
Denis Beck: Sofern alle Fertigungsvorschriften eingehalten und die Akkus bestimmungsgemäß verwendet werden ist die Li-Ionen Akkutechnik sehr sicher. Da unterscheidet sie sich nicht von anderen Energieträgern. Wichtig sind eine realistische Bewertung hinsichtlich Lagerung, Transport und Handhabung und geeignete Sicherheitskonzepte. Der sachgemäße Umgang ist ein absolutes Muss, vor allem bei beschädigten Akkus.
Wo und wie ist der sachgemäße Umgang geregelt?
Zunächst einmal ist der Hersteller in der Verantwortung und Haftung dafür, dass seine Produkte sicher sind und bei der Fertigung alle gültigen Vorschriften eingehalten wurden. Hier gelten strenge Vorschriften, etwa das Batteriegesetz, die Blue Guide Richtlinie oder das Produktsicherheitsgesetz. Auch das Transportrecht befasst sich mit dem Thema. So sind seit dem 1. Januar 2020 alle Hersteller und Vertreiber von Li-Ionen Batterien und Akkus dazu verpflichtet, jeder Person innerhalb der Lieferkette eine ausführliche Prüfungszusammenfassung des UN 38.3-Tests (häufig auch als T.1 bis T.8-Test bezeichnet), gemäß Handbuch Prüfungen und Kriterien der UN zur Verfügung zu stellen. In dem Test werden die Zellen z.B. hinsichtlich ihres Verhaltens bei Druck, Aufprall oder gewissen Temperaturen geprüft. Die Bedienungsanleitungen der Hersteller enthalten darüber hinaus Sicherheitshinweise für den Umgang. Diese muss der Arbeitgeber allen Beschäftigten, die mit den Akkus umgehen, laut Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) zur Verfügung stellen. Hinsichtlich der Lagerung von Li-Ionen Batterien gibt es bis dato keine gesetzlichen Vorschriften, wie wir sie etwa aus dem Gefahrstoffrecht kennen. Es obliegt der Verantwortung jedes Unternehmens selbst, geeignete Maßnahmen festzulegen und umzusetzen. Orientieren kann man sich an dem Merkblatt des Verbandes der Schadenversicherer VDS 3103. Die darin enthaltenen Informationen gelten jedoch nur für lose Zellen und Batterien, nicht aber für solche, die fest in Geräten verbaut sind.
Ist der Händler/Servicedienstleister in der Pflicht, sich aktiv auf den neuesten Stand zu bringen?
Grundsätzlich sollte man das schon aus Eigeninteresse tun. Der Akkumarkt hat sich enorm verändert. Die Zellen werden immer kleiner und leistungsfähiger, aber auch intelligenter und sicherer. Auch der Händler, der so gesehen ja auch Empfänger von Gefahrgut ist, sollte die Vorschriften kennen, auch was Transport und Lagerung angeht. Gerade hier gilt die Selbstinformationspflicht. Das ist Händlern, die in der Vergangenheit mit dem Thema Gefahrgut kaum Berührungen hatten, oft nicht bewusst. Die letzte Aktualisierung der VDS 3103 (s.o.) erfolgte 2019, bis dahin galt die Fassung von 2016. Die Änderungen waren allerdings nur redaktioneller Natur. Zuletzt hat es, wie oben schon erklärt, 2020 eine Verschärfung der Regeln gegeben.
Wer haftet im Schadensfall?
Der Hersteller gibt zwar vor, wie die sachgemäße Nutzung des Akkus aussieht und welche Fehlnutzung unter allen Umständen zu vermeiden ist, etwa der Einsatz falscher Ladegeräte, Beschädigung und Manipulation der Endgeräte oder des Zubehörs. Für den falschen Umgang mit den Akkus haftet er jedoch nicht. Auch ist die VDS 3103 nur eine Empfehlung und kein Gesetz. Aus der reinen Umsetzung erwächst daher kein Anspruch auf Versicherungsleistungen. Ein Sachwertschutz im Sinne der Risikominimierung sollte daher immer mit dem jeweiligen Versicherer abgestimmt werden. Dabei hat das Risk-Management der Versicherer das letzte Wort - nach Überprüfung des vorhandenen Risikos. Dieses regelmäßig nachprüfen zu lassen, ist daher nicht weniger wichtig. Nach meiner Erfahrung nimmt die Zahl der einzulagernden Akkus kontinuierlich zu. Auch ein gutes Sicherheitskonzept hinsichtlich Brandschutz und Risikominimierung macht hier bereits in den Vorgesprächen Sinn.
Worin besteht aus Ihrer Sicht das größte Risiko im Umgang mit Akkus/Akkugeräten?
Zunächst einmal im unsachgemäßen Umgang. Auch Batterien, die nicht den Vorschriften entsprechen, sind problematisch. Leider gibt es immer mehr Fälschungen. Gerade aus Fernost werden wir mit Plagiaten überschüttet. Zwar könnten einen Preisunterschiede von 70 Prozent stutzig machen, doch auch per Gesetz müsste hier dringend nachgebessert werden. Markengeräte und -Akkus haben nicht umsonst Ihren Preis. Neben Kostenfaktoren für Design und Marketing stecken hohe Aufwendungen für die Sicherheit und die Qualität in diesen Produkten. Akkus aus minderwertigen Materialien sind durchaus sicherheitsrelevant und führen bei der Anwendung häufig zu Problemen, schlimmstenfalls gar zum Brand. Riskant sind in dieser Hinsicht auch beschädigte Akkus oder Fehler bei der Lagerung. Das sollte man nicht unterschätzten. Denn ein Brandereignis hat oft gravierende Folgen, umso mehr wenn man bedenkt, dass viele Firmen gerade nur so viel in den Brandschutz investieren wie unbedingt erforderlich ist oder weniger.
Insbesondere die Akkulagerung ist im Motorgeräte-Fachhandel ein zentrales Thema. Was sollte man hier beachten?
Ein gängiger Risikofaktor ist die Lagerung oberhalb der empfohlenen Höchsttemperatur. Eine Frage, die mir oft gestellt wird, ist auch, ob Akkus vor der Einlagerung vollständig geladen werden müssen. Dies ist bei modernen Akkus nicht mehr nötig. Vielmehr ist es sogar schonender, wenn diese teilentladen eingelagert werden. Denn moderne Akkus weisen eine verschwindend geringe Selbstentladung auf. Um die Zellen vor Tiefentladung zu schützen, sind meistens gesonderte Sicherungen integriert, die einen stark entladenen Akku automatisch in einen Ruhezustand versetzen. Grundsätzlich gilt für die Lagerung von Akkus und Geräten mit integriertem Akku: Gerät ausschalten (sofern der Akku verbaut ist),,Akkus bei Bedarf von Dreck und Schmutz befreien und Akku bzw. Gerät einer Sichtprüfung auf Beschädigung unterziehen. Im Hinterkopf haben sollte man gerade im Bereich Motorgeräte auch die (Fehl-) Nutzungsszenarien, denen die Akkus bzw. Akkugeräte ausgesetzt sind. Oft werden diese in der prallen Sonne verwendet, werden nass oder fallen hin. Das Ergebnis sollte dokumentiert werden. Trocken und sicher lagern bei kühlen aber frostfreien Temperaturen. Ideal ist ein Spektrum zwischen +5 und +50 ° C. Direkte Sonneneinstrahlung und Nässe vermeiden. Problematische Zellen und Batterien außerhalb des Gebäudes lagern, um die übrigen Sachwerte zu schützen, gerade wenn eine Vielzahl von Akkus und Geräten eingelagert wird. Lagern des Ladegeräts getrennt vom Akku bei Temperaturen zwischen +5 und +40 ° C. Aufladen erst kurz vor dem ersten Einsatz bei einer Temperatur über +5 ° C. Meine persönliche Empfehlung: Bereits in der Planung der Lagerräume die Einschätzung des Sachversicherers einholen.
Wie lautet Ihre Empfehlung zum Umgang mit schadhaften Akkus?
Offensichtlich beschädigte Lithiumbatterien dürfen nicht in den dafür vorgesehen Ladestationen aufgeladen, sondern sollten bis zur Überprüfung durch eine sachkundige Person aus dem Lager- und Ladebereich entfernt werden. Das gleiche gilt für Batterien, die beim Beladen keine oder eingeschränkte Funktionen aufweisen. Eine Option sind hier Lager- und Transportbehälter, die über ein Gasfiltersystem verfügen und nachweislich keine kritischen Hitzebereiche von mehr als 100 ° C an der Oberfläche erzeugen.
Gibt es eine kritische Menge an Akkus, die man in einem Betrieb lagern oder transportieren sollte?
Pauschal lässt sich das nicht beantworten. Allerdings gibt die VDS 3103:2019 eine gute Orientierung. Die Vorgaben zum Transport von Akkus im Straßenverkehr regelt das ADR/RID in der aktuell 28. Änderungsverordnung 2021 als neuster Fassung. Diese ist ab dem ersten Juli 2021 verpflichtend. Wenn die Li-Ionen-Zellen mehr als 20 Wh und die Li-Ionen-Batterien mehr als 100 Wh Nennenergie besitzen – ganz gleich ob verbaut, mit dem Gerät zusammen verpackt oder eingebaut – nehmen die Auflagen hinsichtlich der Ausbildung aller Beteiligten, Verpackung, Kennzeichnung und Dokumentation sowie der Ausrüstung des Fahrzeugs erheblich zu. Das Thema ist komplex. Das ADR regelt die Beförderung von Lithium-Zellen und -Batterien mittlerweile in 12 Sondervorschriften und 9 Verpackungsanweisungen. Betrachtet werden dabei alle Szenarien von der Entwicklung bis zur Entsorgung, auch in kritischen Fällen. Der Unternehmer ist für die Einhaltung der Vorschriften verantwortlich. Andernfalls drohen zum Teil empfindliche Bußgelder.
Zum Schluss: Wie lautet ihre ganz persönliche Empfehlung?
Grundsätzlich sollten die Vorschriften beherzigt und das Handling immer durch qualifiziertes Personal vorgenommen werden. Das ist nicht nur für den Schadensfall wichtig, sondern schließlich auch für die Lebensdauer der Akkus.