Kommmentar Heute hat Stihl die Katze aus dem Sack gelassen: Künftig werden die Mähroboter der Traditionsmarke nicht mehr in Deutschland und Österreich entwickelt und gefertigt, sondern in China. Die Vorbereitungen für den Aufbau eines eigenen Entwicklungszentrums für Mähroboter laufen dort bereits. Künftig soll dieses eine Schlüsselrolle bei der Neuausrichtung von Stihl in dem Segment übernehmen. Denn man möchte das Geschäftsfeld weiterentwickeln und die Wettbewerbsfähigkeit und Innovationskraft von Stihl in diesem erkannt zukunftsträchtigen Segment stärken. Insofern sei der Abzug aus Deutschland ein bewusster und strategischer Schritt. Motorist hat dazu eine klare Meinung.
Der Aufschrei, der mancherorts im ersten Affekt aufkommt, mag verständlich sein. Schon allein, wenn man die Konsequenzen bedenkt, die der Vorstandsentscheid von Stihl für den Standort Waiblingen mit sich bringt. Ein gewisser Arbeitsplatz- und Technologietransfer ist mit diesem unweigerlich verbunden. Auch der Handel mag angesichts der angekündigten Verlagerung der Mährobotersparte ins Reich der Mitte den deutschen Ausverkauf bejammern: Eine Abwanderung der großen Traditionsmarke Stihl – und sei es auch nur in Teilen – nach China, der nächsten großen Wirtschaftsmacht, die im globalen Rauschen längst den Ton mit angibt und Deutschland nach hinten treten lässt – wie kann man nur!
Ist die Empörung erst einmal verklungen, könnte sich der Blick jedoch für die Chancen öffnen. Fakt ist: In Sachen autonomer Mährobotik hatte Stihl zuletzt den Anschluss verloren und daraus macht man auch in Waiblingen kein Geheimnis. Die Aufholjagd vom kabelgebundenen Modell zum autonomen KI-Roboter ist hart und Ausdauersport und Sprint zugleich. Selbst Top-Athleten benötigen da mal eine Verschnaufpause – was übrigens auch für die skandinavischen Starter in den blauen Jerseys gilt. Denn die asiatischen Herausforderer sind nicht nur frisch und siegeshungrig, sondern vor allem auch viele und unheimlich gut präpariert. Etwa in punkto Softwareentwicklung, Robotik und KI. So findet sich im Süden Chinas ein wahres Ökosystem an Entwicklern und Technologie-Cracks, die nur darauf warten, sich zu beweisen und hierfür teils geschlossen in ganzen Teams von einem zum anderen Fabrikat wechseln, um in schneller Start-Up Manier und mit gut gefüllter Spielkasse Dinge ans Rollen – oder wie im Fall der Mähroboter - auf den Rasen zu bringen. Hier Talente abzufischen und vor Ort im Herzen und am Puls des Geschehens mitzuspielen, kann kein Fehler sein. So war es nicht nur eine kluge und strategische Entscheidung von Stihl, sich mit einem klaren Cut von der inländischen Forschung- und Fertigung zu verabschieden, sondern auch eine überfällige. Das man zuvor schon ausgiebig auf der Suche nach neuen Optionen war, wurde längst kolportiert. Nun also die Gewissheit.
Immerhin kann nun auch der deutsche Stihl-Fachhandel hoffen, nämlich darauf, demnächst mit seiner Leitmarke auch im Feld der autonomen Robotik mitzumischen, das aktuell gerade von anderen Fabrikaten munter und teils sehr erfolgreich beackert wird. Freilich nicht von heute auf morgen. Denn auch im Highspeed-Robotikland China benötigen zukunftsweisende Modelle ein wenig Zeit, zumal das Entwicklungszentrum von Stihl dort erst aufgebaut wird und man, wie von Dr. Nikolas Stihl betont, den echten Neuanfang anstrebt. So hält man sich vorerst auch noch zurück mit der Terminierung eines entsprechenden Geräte-Angebots. Das mag verunsichern. Doch wenn die neuen KI-Mähroboter von Stihl in der Gesamtschau auch spät kommen: Zu spät ist es nicht. Denn so dynamisch der Mähroboter-Markt sich aktuell gestaltet, so schnell kann er überhitzen und einige der jetzt so engagierten Player mittelfristig auch wieder das Feld räumen lassen – wenn sie den schnellen Erfolg eben nicht ernten. Dann könnten die Letzen auch wieder die Ersten sein – oder getragen von einer etablierten Marke zumindest im oberen Mittelfeld ins Ziel laufen. Und darum geht es doch auf lange Sicht bei Stihl: um eine solide Performance in einer Mannschaftswertung, in der die Mährobotik nur eine Disziplin ist. Das Vertrauen der Anhänger hilft dabei ungemein. Nicht nur im Sport. Und vielleicht gelingt Stihl ja sogar der Sprint, wer weiß.
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