Seit August 2022 gilt ein neues Nachweisgesetz für Beschäftigungsverhältnisse. Bestehende Regelungen werden durch die neue EU-Arbeitsbedingungenrichtlinie ersetzt. Für Arbeitgeber bedeutet dies, dass Arbeitsverträge entsprechend angepasst werden müssen.
Ziel der neuen EU-Arbeitsbedingungenrichtlinie ist es, die Arbeitsbedingungen von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zu verbessern. So sollen Transparenz und Vorhersehbarkeit der Beschäftigung gefördert und die Anpassungsfähigkeit eines Beschäftigungsverhältnisses an den Arbeitsmarkt gestärkt werden. Die neue EU-Verordnung löst das bereits 2019 etablierte Gesetz über den Nachweis der für ein Arbeitsverhältnis geltenden wesentlichen Bedingungen, kurz Nachweisgesetz (NachwG), ab. In diesem Zuge sind Arbeitgeber ab August verpflichtet, einen erweiterten Katalog an Arbeitsbedingungen schriftlich festzuhalten. Dies hat zur Folge, dass u. U. auch Arbeitsverträge angepasst werden müssen. Kommen Betriebe dieser Verpflichtung nicht nach, riskieren sie ein Bußgeld von bis zu 2.000 Euro.
In der Praxis
Welche Konsequenzen das neue Gesetz für Arbeitgeber in der Praxis hat, hat u. a. der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) zusammengefasst. Demnach ändern sich mit der Umsetzung der Richtlinie neben dem Nachweisgesetz auch weitere Gesetze, wie etwa das Teilzeit- und Befristungsgesetz sowie das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz.
Verbindlichkeit: Das Nachweisgesetz gilt für alle Arbeitnehmer, also alle abhängig Beschäftigten wie gewerbliche Arbeitnehmer, Angestellte, Teilzeitkräfte und geringfügig Beschäftigte, ebenso für vorübergehende Aushilfen, die höchstens einen Monat eingestellt werden. Es erlaubt grundsätzlich kein Abweichen von den Vorschriften zuungunsten des Arbeitnehmers.
Ohne schriftlichen Arbeitsvertrag droht Bußgeld: Schon bisher waren Arbeitgeber dazu verpflichtet, wesentliche Arbeitsbedingungen innerhalb einer bestimmten Frist schriftlich niederzulegen, die Niederschrift zu unterzeichnen und dem Arbeitnehmer auszuhändigen. In der Regel geschieht dies durch den Arbeitsvertrag. Anders als die bisherige Fassung des Nachweisgesetzes stellt ein Verstoß gegen das Gesetz nunmehr eine bußgeldbewehrte Ordnungswidrigkeit dar. Verstöße können künftig mit einem Bußgeld von bis zu 2.000 Euro geahndet werden. Die Verletzung der Nachweispflicht kann außerdem zu Schadensersatzansprüchen des Arbeitnehmers gegenüber dem Arbeitgeber führen. Dabei stellt die Schriftform kein so genanntes konstitutives Formerfordernis dar, d.h. Sie ist keine Voraussetzung für den rechtlichen Bestand des Beschäftigungsverhältnisses, sondern die schriftliche Ausfertigung dient vielmehr der Information.
Erforderliche Vertragsinhalte: Die wesentlichen Arbeitsbedingungen nach dem neuen Gesetz umfassen z.B. folgende Angaben, wobei der Katalog nicht abschließend ist. Entscheidend ist, ob die Kenntnis weiterer Aspekte für den Arbeitnehmer notwendig ist, damit dieser seine Rechte geltend machen kann. Stellen, an denen sich Änderungen gegenüber dem alten Gesetz ergeben haben, sind kursiv hervorgehoben:
· Vertragsparteien
· Beginn, Zeitpunkt und Dauer des Arbeitsverhältnisses (bei befristeten Arbeitsverhältnissen das Enddatum oder die vorhersehbare Dauer des Arbeitsverhältnis)
· Arbeitsort
· Tätigkeitsbeschreibung in Form einer kurzen Charakterisierung oder Beschreibung der vom Arbeitnehmer zu leistenden Tätigkeit
· Probezeit u nd sofern vereinbart deren Dauer
· Arbeitsentgelt einschließlich der Zusammensetzung und Höhe des Arbeitsentgelts, der Vergütung von Überstunden, Zuschlägen, Zulagen, Prämien und Sonderzahlungen sowie anderer Bestandteile des Arbeitsentgelts, die jeweils getrennt anzugeben sind, und deren Fälligkeit sowie die Art der Auszahlung
· Arbeitszeit inklusive vereinbarter Ruhepausen/-zeiten sowie bei vereinbarter Schichtarbeit das Schichtsystem und -rhythmus sowie Voraussetzungen für Schichtänderungen
· Etwaige Informationen bei Arbeit auf Abruf (z. B. Zahl der mindestens zu vergütenden Stunden sowie der Zeitrahmen, bestimmte Referenztage/stunden)
· Die Möglichkeit der Anordnung von Überstunden und deren Voraussetzungen
· Dauer des jährlichen Erholungsurlaubs
· Anspruch auf vom Arbeitgeber bereitgestellte Fortbildung
· Betriebliche Altersvorsorge
· Kündigung
· Hinweis auf Kollektivvereinbarungen (Tarifverträge, Betriebs- oder Dienstvereinbarungen)
Altverträge: Arbeitsverträge, die vor dem 1. August 2022 bestanden haben, müssen nicht notwendigerweise nachgebessert werden, sondern nur, wenn der Arbeitnehmer dies einfordert und/oder Aspekte, die nach dem neuen Gesetz Pflicht sind, in dem bestehenden Arbeitsvertrag noch nicht niedergeschrieben wurden. Ein Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis bereits vorher bestanden hat, kann von seinem Arbeitgeber die Aushändigung der fehlenden wesentlichen Arbeitsbedingungen verlangen Der Arbeitgeber hat die Niederschrift über Vertragsparteien, Beginn und Dauer des Arbeitsverhältnisses, Arbeitsort, Tätigkeitsbeschreibung, Probezeit, Arbeitsentgelt, Arbeitszeit, Arbeit auf Abruf und Überstunden spätestens am siebten Tag nach Zugang der Aufforderung zu überreichen. Die Angaben über Erholungsurlaub, Fortbildung, Betriebliche Altersversorgung, Kündigung und Hinweis auf Kollektivvereinbarungen müssen spätestens einen Monat nach Beginn des vereinbarten Arbeitsverhältnisses, bzw. nach Zugang der Aufforderung schriftlich fixiert sein. Bei Vertragsabschluss von Verträgen nach dem ersten August müssen direkt am 1. Tag der Arbeitsaufnahme mindestens die Angaben über die Vertragsparteien, Arbeitsentgelt und Arbeitszeit schriftlich fixiert werden.
Sonderregelung für Ausbildungsverträge
Mit der Umsetzung der Nachweisrichtlinie verbunden sind auch Neuregelungen für die Ausgestaltung von Berufsausbildungsverträgen. Künftig haben Ausbildende unverzüglich nach Abschluss des Berufsausbildungsvertrages, spätestens aber vor Beginn der Berufsausbildung mindestens folgende wesentliche Vertragsinhalte schriftlich niedergelegt zu bekommen. Neuregelungen sind kursiv gekennzeichnet:
· Vertragsparteien
· Art und Gliederung der Berufsausbildung (Art, sachliche und zeitliche Gliederung sowie Ziel der Berufsausbildung, insbesondere die Berufstätigkeit, für die ausgebildet werden soll)
· Beginn und Dauer der Berufsausbildung (
· Ausbildungsstätte und Ausbildungsmaßnahmen außerhalb der Ausbildungsstätte
· Dauer der regelmäßigen täglichen Ausbildungszeit
· Dauer der Probezeit
· Ausbildungsvergütung ( Zahlung und Höhe der Vergütung sowie deren Zusammensetzung, sofern die Vergütung aus verschiedenen Bestandteilen zusammensetzt) und Vergütung oder Ausgleich von Überstunden
· Dauer des Urlaubs
· Kündigung (Voraussetzungen, unter denen der Berufsausbildungsvertrag gekündigt werden kann)
· Kollektivverträge in Form eines in allgemeiner Form gehaltener Hinweises auf die Tarifverträge, Betriebs- oder Dienstvereinbarungen, die auf das Berufsausbildungsverhältnis anzuwenden sind
· Ausbildungsnachweis
Vertragsänderungen: Änderungen der Vertragsbedingungen müssen dem Arbeitnehmer nach dem neuen Gesetz künftig bereits direkt am Tag, an dem sie wirksam werden, schriftlich mitgeteilt werden und nicht mehr wie bisher einen Monat nach der Änderung.