Wasserstoff-Symbol
Antriebstechnologie der Zukunft? (Quelle: Markus-S, Pixabay)

Messen & Veranstaltungen 27. June 2023 DLG setzt im Off-Highway-Sektor auf Wasserstoff

Für die Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft ist Wasserstroff der Energieträger der Zukunft für mobile Arbeitsmaschinen im Off-Highway-Sektor. Der B2B-Marktplatz Systems & Components im Rahmen der Agritechnica vom 12. bis 18. November in Hannover zeigt praxistaugliche Lösungen.

Moderne Wasserstoffmotoren wie sie Mitte November auf der Systems & Components vorgestellt werden, basieren auf der bekannten und bewährten Verbrennungstechnologie und machen diese fit für eine nachhaltige Zukunft, heißt es seitens der DLG. Die Vorteile lägen auf der Hand: Ein Wasserstoffverbrennungsmotor kann in dieselbe Maschine eingebaut werden wie ein Dieselmotor und verwendet dasselbe Getriebe, Kühlsystem und Hydrauliksystem. Er kann in staubigen Umgebungen betrieben werden, hält starken Vibrationen stand und ist in allen Größen und Konfigurationen erhältlich. Aus Sicht der Fahrzeughersteller und Flottenbetreiber handelt es sich bei der Umstellung auf einen wasserstoffbetriebenen Antriebsstrang im Grunde genommen also um eine bekannte Architektur, bei der ein Hubkolbenmotor, statt mit Diesel, Benzin oder Erdgas mit Wasserstoff angetrieben wird.  

Türöffner für Off-Highway-Märkte

Im Gegensatz zur Brennstoffzelle sei der Wasserstoffverbrenner eine kostengünstige, mit heutiger Fertigungsinfrastruktur schnell umsetzbare Alternative für eine CO2-freie Mobilität im landwirtschaftlichen Umfeld sowie auf Baustellen. Zwar liegt sein Wirkungsgrad bei niedrigen und mittleren Lasten unter dem der Brennstoffzelle, bei Volllast aber darüber. Experten wie Dr. Thomas Pauer, Vorsitzender des Bosch-Geschäftsbereichs Powertrain Solutions, sehen im Wasserstoffmotor deshalb einen Türöffner für die Off-Highway-Märkte und eine Ergänzung zur Brennstoffzellentechnologie, die im Schwerlast- und Offroad-Bereich, schneller an ihre Grenzen stößt.

Hohes Klimapotenzial

„Der Einsatz von Wasserstoff als Kraftstoff hat das Potenzial, viele Schwerlast- und Offroad-Anwendungen schnell klimaneutral zu machen“, bestätigt auch Dr. Peter Wieske, Direktor Konzernvorausentwicklung beim Automobilzuliefere Mahle. Es gäbe allerdings eine Herausforderung. Sie besteht darin, Motorklopfen und vorzeitige Zündungen zu unterbinden, ohne das Verdichtungsverhältnis und damit Effizienz und Leistungsausbeute zu reduzieren. Dabei spielt die Vorkammerzündung eine entscheidende Rolle. Um trotz hoher Verdichtung einen stabilen Betrieb ohne Klopfen zu erreichen, müssen Wasserstoffmotoren mit einem hohen Luftüberschuss betrieben werden. Um dieses Gemisch zu entzünden, reicht die Energie einer konventionellen Zündkerze nicht aus. Doch solche Probleme lassen sich lösen, etwa wie bei Mahle durch die „Jet Ignition“. Hierbei verbrennt in einer Vorkammer des Zylinders eine geringe Menge eines zündfähigen Gemisches. Das entstehende Gasplasma wird durch kleine Öffnungen in die Hauptbrennkammer geleitet und entzündet durch seinen hohen Energiegehalt das dort eingeblasene Gasgemisch schnell und gleichmäßig.

HVO als Alternative

Auch Maschinenanbieter vertrauen auf die Technik. Liebherr etwa will bis 2025 mit der Serienproduktion seiner Wasserstoffmotoren starten. Wie Bosch forscht das Technologieunternehmen darüber hinaus an Einspritzlösungen, um die Verbrennung und Leistungsdichte weiter zu optimieren. Ebenso zum Einsatz alternativer Kraftstoffe wird geforscht. Ein Beispiel dafür ist ein Dual-Fuel-Motor, der mit Wasserstoff und HVO (Hydrotreated Vegetable Oil) beziehungsweise mit reinem HVO betrieben werden kann. Viele der auf der Systems & Components vorgestellten Dieselmotoren sind mittlerweile voll kompatibel mit erneuerbaren HVO-Kraftstoffen, was sie bereits in die Nähe eines CO2-neutralen Betriebs bringen kann.  

Motorkraft neu gedacht

Die Aktivitäten zeigen aus Sicht der DLG: Alternative Kraftstoffe erfordern Motoren, die von Grund auf so konzipiert sind, dass sie mit ihnen kompatibel sind. Bei Cummins arbeitet man deshalb an neuen Motorenplattformen. „Ziel ist es, mit flexiblen obenliegenden Nockensystemen, verbesserter Kühlung und reduzierter Reibung einen effizienteren Motor mit einer höheren Leistungsdichte zu erzielen. Darüber hinaus haben wir einen fortschrittlich optimierten Brennraum für die Kraftstoffmischung entwickelt“, so Srikanth Padmanabhan, Präsident des Geschäftsbereichs für Motoren. Ziel ist es auch hier, Leistungsbeschränkungen und andere Kompromisse im Zusammenhang mit der Umstellung heutiger Diesel- oder Erdgasmotoren auf Wasserstoff zu vermeiden.

Herausforderung Tankkapazität  

Eines der dabei zu lösenden Probleme ist der Tankraum – denn Wasserstoff hat bei gleichem Energieinhalt ein deutlich größeres Volumen als Diesel. Benötigt wird etwa das Fünf- oder Achtfache des Tankvolumens. Stabile Kohlefaser-Druckbehälter sind hier ein Ansatz, um größere Mengen Wasserstoff für eine Brennstoffzelle oder einen Verbrennungsmotor bereitzustellen. Zum Einsatz kommen aber auch pragmatische Lösungen – wie eine mobile Betankungseinheit, die JCB entwickelt hat. Der britische Bau- und Landmaschinenhersteller hat über 100 Millionen Pfund in die Entwicklung hocheffizienter Wasserstoffmotoren investiert und mittlerweile funktionsfähige Prototypen eines Baggers und eines Teleskopladers vorgestellt. Diese werden nun um eine mobile Tankstelle ergänzt, die es ermöglicht, die Maschinen schnell und einfach vor Ort über eine Zapfpistole aufzutanken. Damit unterscheidet sich der Prozess nicht von dem Ablauf auf Baustellen, auf denen Maschinen mit konventionellem Antrieb eingesetzt werden und durch einen Tankwagen mit Diesel betankt werden.

zuletzt editiert am 18.07.2023