Gerade in Zeiten des Fachkräftemangels und der Neuorientierung des Werkstattgeschäfts durch ein steigendes Akkuaufkommen muss in der Werkstatt jeder Handschlag sitzen und das Geschäft sich rechnen. Aber was tun, wenn man das Gefühl hat, dass die Werkstatt nicht wirklich gut performt?
Die KMS Kommunal-Maschinen-Service GmbH in Kamp-Lintfort nahm das Thema 2019 in Angriff und machte den Praxis-Check. Der Auslöser war laut Harald Jansen, einem der Geschäftsführer, das ungute Gefühl, dass die Werkstatt hinter ihrer Ertragsmöglichkeit zurückblieb. Seit fast 30 Jahren ist KMS heute als Experte für Kommunaltechnik, Golfplatz, Garten- und Landschaftsbau sowie Privatanwender am Markt aktiv. Der Service an Maschinen ist ein wichtiges Standbein. Auch 2019 war die Werkstatt gut ausgelastet. Ob sich das auch in angemessener Form im Ertrag widerspiegelte, hätte Jansen zu dem Zeitpunkt jedoch nicht mal mit Sicherheit sagen können. Denn auch wenn es in der Werkstatt rauchte, blieb die Frage, wie effizient das Engagement war. Jansen entschied sich, das Thema anzugehen. Nach genauerem Hinsehen und im Austausch mit Branchenkollegen wie Uwe Wagner, der wie Jansen im Vorstand der Greenbase ist, und Sümo-Händler Andreas Julmi bestätigte sich der Verdacht: „Leider mussten wir feststellen, dass unsere Werkstatt nicht sonderlich effektiv arbeitete, sondern vielleicht zu höchstens 50 Prozent effizient war“, erklärt der Unternehmer. Die Erkenntnis war zwar nicht gerade erfreulich, andererseits fiel mit ihr der Startschuss zur Optimierung. Und das hat Jansen definitiv nicht bereut, auch, wenn dies mit erheblichem Aufwand verbunden war.
„Wir haben die gesamte Werkstatt einmal auf den Kopf gestellt“, gibt der Unternehmer zu. Natürlich nicht ohne Unterstützung: Zur Seite stand ihm u.a. die Greenbase, die sich das Thema als Projekt vorgenommen hatte. Ebenso Unternehmensberater Michael Sulzbach. Er führte durch die Bestandsaufnahme, half beim Aufdecken der Schwachstellen und gab wertvolle Tipps zur Neuorganisation. Im Zentrum standen die Fragen: Wo stehe ich? Wo will ich hin? Woran hapert es?
Bestandsaufnahme
Die bei KMS erarbeitete Ausgangsbasis sah in etwa so aus:
1. Zu wenig berechenbare Stunden
2. Zu niedriger Stundensatz (Branche verkauft sich im Quervergleich „unter Wert“)
3. Mitarbeiter können nicht attraktiv genug entlohnt werden
4. Lagerhaltung und Abwicklung müssen optimiert werden
5. Zu hohe Durchlaufzeiten in der Werkstatt
6. Auslastung wird relativ zurückgehen (Akku versus Verbrennungsmotor)
Die mit den einzelnen Punkten verknüpfte Herausforderung war zugleich eine Chance. Denn tatsächlich sind es in der Regel mehrere Stellschrauben, an denen zugunsten einer besseren Performance gedreht werden kann. So auch bei KMS, wo sage und schreibe mehr als 60 Punkte identifiziert wurden, die es anzugehen galt.
Ziele definieren
Zunächst wurden inhaltliche Ziele definiert, etwa nach folgenden Beispielen:
Kritikpunkt: Kein ordentliches und strukturiertes Arbeitsumfeld im Büro des Werkstattleiters, Ziel: Das Meisterbüro soll aufgeräumt, gereinigt, gestrichen und neu strukturiert werden.
Oder: Der Durchlauf der Arbeitskarten ist nicht transparent, Ziel: Neue Definition des Auftragsdurchlaufs.
Um die Umsetzung zu steuern, wurde jeder einzelne Punkt mit einer Zeitvorgabe versehen. Zudem wurden Zielvereinbarungen für die Mitarbeiter eingeführt, damit diese sich für die Veränderung mit verantwortlich fühlen: Jeder Mitarbeiter konnte am Jahresende bei optimaler Leistung ein bis zu 1,5-faches Monatsgehalt zusätzlich erwerben. Im Monatsrhythmus wurde jeder einzelne darüber informiert, wie viel er oder sie schon dazu gewonnen hatte, aber es wurde auch offen kommuniziert, wenn jemand hinter seinen Zielen zurückblieb.
Transparentes Procedere
Die Bewertung folgte einem Schema mit 5 Punkten, die jeder im Team zuvor erhalten hatte. Der erste Punkt definierte immer ein gemeinsames Ziel, zum Beispiel die Ordnung und Sauberkeit in der Werkstatt und auf den Außenanlagen sowie deren mehrmalige wöchentliche Kontrolle. Demgegenüber standen individuelle Ziele wie die Ordnung und Sauberkeit des eigenen Arbeitsplatzes oder die berechneten Stunden pro Person auf Aufträge. Zusammengeführt wurde alles in einer automatischen Berechnung.
Selbstorganisation
Ein wesentlicher Beitrag zur Effizienzsteigerung ist die Selbstorganisation der Mitarbeiter. Um dabei zu unterstützen und zur Motivation wurden bei KMS an den Arbeitsplätzen Plakate aufgehangen. Nach der 5-S-Methode wurden darauf Aspekte wie Sortieren(=Aussortieren), Systematisieren, Säubern, Standardisieren sowie Selbstdisziplin & ständiges Verbessern in den Fokus gerückt. Dazu gab es je ein 5-S-Audit zu „Werkstatt allgemein und Außenfläche“ sowie „Verkauf und Büro“. Anhand eines Tableaus konnten damit täglich einzelne Checkpoints wie zum Beispiel „Stehen die Maschinen in den zugewiesenen Flächen in der Halle?“ oder „Sind die Gänge frei von Kartons, Geräten etc.?“ auf einer Skala von 10 bis 100 Prozent bewertet werden.
Klare Prozesse
Auftragsabläufe wurden in Prozessschritte unterteilt, denen eindeutige Tätigkeiten zugeordnet wurden. Das erleichtert die Messbarkeit. Gleichzeitig wurde Struktur in die Auftragszuweisung gebracht. Seitdem kann das aktuelle Auftragsvolumen zu jedem Zeitpunkt abgerufen werden, aber auch, in welchem Stadium sich ein Auftrag befindet (z.B. Warteschleife, in Bearbeitung, zur Berechnung etc.) und welcher Mitarbeiter für die Erledigung zuständig ist.
Wirksame Veränderungen
Als zentrales Kriterium erwies sich das Thema Ordnung, das für Harald Jansen auch heute noch das A und O ist. Eine simple aber wirksame Veränderung war zum Beispiel der Ausweis von Stellflächen für Geräte, die auf eine Reparatur oder Inbetriebnahme warten, nach Präferenz oder Arbeitsaufwand- und Abwicklung. Realisiert wurde dies ganz einfach über Markierungen am Werkstatt-Boden. Auch die Neuorganisation der Arbeitsplätze half nach dem Motto: Sind alle Teile und Werkzeuge, die man für die tägliche Arbeit braucht, stets griffbereit und in ausreichender Zahl vorhanden?
Positive Bilanz
Ein weiterer wichtiger Aspekt war und ist die Selbstdisziplin. Dies gilt für Geschäftsführung und Team gleichermaßen. Und natürlich musste auch Jansen Überzeugungsarbeit leisten, um seine Mitarbeiter mitzunehmen. „Das hat Anfangs schon Kraft gekostet“, verrät er. Doch der Erfolg gab ihm Recht. Zwar hat Corona die Abläufe zuletzt wieder etwas durcheinandergewirbelt, etwa durch die vorübergehende Geschäftsschließung, Abstandsregeln, Personalausfälle etc.. Grundsätzlich aber war die Werkstattoptimierung ein Gewinn und die Effizienz bei KMS konnte auf 70 bis 80 Prozent gesteigert werden. Natürlich wären 100 Prozent die eindrucksvollere Marke. Die lässt sich im Falle von KMS nach derzeitiger Lage jedoch nicht erreichen. „Da bräuchten wir schon Lageristen und Ablademeister und die Werkstattmitarbeiter dürften nicht mehr ins Kundengespräch abgezogen werden“, sagt Jansen. Aber so perfekt muss es auch nicht sein. Wichtiger war für ihn das Bewusstsein, auch in kleinen Schritten viel verändert zu haben. Nicht nur seine Händlerkollegen innerhalb der Greenbase kann er daher nur ermutigen, das Thema ebenfalls anzugehen.